1 Timothy 5

Text: 1.Timotheus 5,1-8 Mit welcher Vorsicht und gemachten guten Unterschied das Amt geführt werden müsse, es betreffe entweder Irrende, die man zu bestrafen und zurecht zu weisen, oder aber Betrübte und Verlassene, die man zu trösten und zu beraten hat. Ein öffentliches Amt ist und heißt, wo man mit vielen Personen zu tun bekommt, die sich zwar um ihres Standes willen nicht von dem den Lehrern schuldigen Gehorchen entziehen sollen, aber doch Jeder eine seinem Alter und übrigen Umständen gemäße Behandlung erwarten kann. Die Alten hat GOtt den Jüngeren so ernstlich zur Ehrerbietung empfohlen (3.Mo. 19, 32) . Das soll sich auch bis in Amtssachen erstrecken. Auch über Jüngere soll es nicht herrschsüchtig, sondern brüderlich hergehen. Ein Schulkind spürt es, ob man nur seine Autorität gegen ihm behaupten will, oder ob man redlich sein Bestes sucht. Wir sind Gehilfen der Freude (2.Kor. 1, 24und 13, 7 ff.) , und sollen daher keine Freude am Strafen haben. Über dem nötigen Umgang mit so nach Geschlecht und Stand unterschiedenen Personen kommt man freilich ins Gedränge, und man kann nicht immer mit sich selbst, und wie man es etwa angreift, zufrieden sein, sondern muß sich oft vor dem HErrn demütigen. Aber die Frage an Petrum: Hast du mich lieb? entscheidet manche beim Weiden der Schafe oder Lämmer vorkommende Schwierigkeit. Die Natur fällt sonst immer zwischen einer strengen und einer läppischen Behandlung herum und hinum, wenn man sich nicht mit GOttes Wort waffnet. - Witwen halten sich sonst leicht für verachtet und zurückgesetzt, das Wort GOttes aber zieht sie häufig hervor, und befiehlt sie zu ehren, zu besuchen, und hierunter seinen vom Weltsinn unterschiedenen Christensinn zu bewähren. Doch muß solche Ehre auch ihren Grund haben, und man muß sie als von GOtt in das Kreuzgeheimnis Gezogene ansehen können. Äußerlich kann man oft nicht Einem Ehrenbezeugungen machen, wie dem Anderen: Aber der Christensinn hat noch viele andere Arten, seine Ehrerbietung zu äußern. Timotheus sollte die Witwen ehren, damit er sich aus ihnen Gehilfinnen aussuchte, die an ihrem Geschlecht dem Evangelio mit Segen dienten. Darin liegt viele Amtstreue, ob man gern und mit Ehrerbietung gegen Andere die Gnade und Gabe sieht, wodurch Andere das ausrichten, was nicht durch einen allein geschehen kann. Timotheus war selbst so eine unter der Großmutter Lois und der Mutter Eunike aufgewachsene Pflanze; desto leichter konnte er an diesem Muster prüfen, was er für Witwen habe, und wie sie es im göttlichen Regieren ihrer Häuser treffen. Übrigens scheint es fast, es seien da der Witwen und ihrer Kinder und Nachkommen Pflichten so in einander geflochten, daß das Eine, das göttliche Regieren der Häuser auf die Witwen, und das Andere, das Gleiches vergelten den Eltern , auf Kinder und Neffen gehe; und weil sie beiderseits dazu keinen Hausvater und Anführer haben, so sollten sie das an einander selbst lernen. Wo man aber ohne Kinder und Nachkommen in völlige Einsamkeit gesetzt ist, da soll man sich um so mehr eines ganz eingezogenen Lebens befleißigen. Seine Hoffnung auf GOtt stellen , kommt zwar allen Christen zu; denen aber desto mehr, die von Anderen abgeschnitten sind, auf was man sonst noch seine Hoffnung stellen kann. Der Grund zur Witwenhoffnung liegt in so vielen Verheißungen GOttes (Ps. 68, 8 und 146, 9; Jak. 1, 27; 2.Mo. 22, 22 ff.). Einsamkeit und Stille trägt viel zur Förderung des Gebets aus. Man sehe der Hanna Beispiel (Luk. 2, 35) . In Wollüsten zu leben kann auch eine Witwe oft durch die Beredung einer guten Lebensart, oder durch die Hoffnung, es gereiche zu der Seinigen besserem Fortkommen, verleitet werden: Aber es ist eben nach dem Fleisch gelebt, und nicht nach dem Geist; aber nicht nach dem Geist gelebt und nach Allem, wozu ein Licht und Kraft des Geistes gehört, heißt die Schrift tot . Auch nur dergleichen zu gebieten, erforderte einen unter der Zucht und Betäubung gehaltenen Leib. Es ist nicht nur um des weiblichen Geschlechts willen not, daß darunter ein Salz von solchen erhalten werde, die untadelich sind, sondern auch im anderen Geschlecht gibt es der Versuchungen weniger, wenn das ernste Vorsicht geschieht. Wer aber die Seinigen nicht versorgte , sondern sie auf das öffentliche Almosen, und den Unterhalt davon verweisen wollte (V.16) , der verleugnete damit den Glauben und dessen tätige Liebe, da doch die Natur und der darein gelegte Trieb einen Heiden zu solcherlei Liebe und dankbaren Wiedervergeltung dringt. Dieser Spruch wird oft gegen seinen Sinn von dem angezogen, was die Eltern, sonderlich wo sie Macht zu helfen haben, für die Ihrigen und zu Ihres Wohlstandes Gründung tun; und muß sich oft manches Schätzesammeln, oder anderer ungerechte Voraus, den man den Seinigen zuwendet, mit diesem verdrehten Wort entschuldigen lassen. Nach seinem wahren Sinn aber sollte dieser Spruch eher ein Same zu großmütiger Verleugnung werden, unter der Hoffnung zu GOtt, daß, was man anfänglich zu verlieren scheine, das werde GOtt schon wieder finden lassen, und einem auf sein Alter von seinen in der Furcht des HErrn auferzogenen Kindern nötige Hilfe bereiten. Text: 1.Timotheus 5,9-16 Das weitere Anliegen des Apostels, in einer Gemeinde Alles so einzurichten, daß Anstoß möglichst verhütet, und die Abweichungen einiger Gemeindeglieder nicht der ganzen Gemeinde zur Last gelegt werden. Paulus bringt hiermit das Erwähltwerden einer Witwe in Ordnung, nämlich zum Genuß eines öffentlichen Unterhalts von der Gemeinde gegen gewisse Dienste, so sie an Personen ihres Geschlechts, oder an Kranken, Gefangenen in solchen Umständen zu leisten hatte, wo der Dienst einer Weibsperson dazu tauglich war. Die Bestimmung der Jahre (60) nimmt der Apostel von der Natur und in den Gliedern insgemein gebrochenen Gewalt her; im Folgenden aber kommt er auch auf die Gnade, und zeigt, in welchen Früchten dieselbige zu erkennen sein müsse. Doch sieht man aus der Bestimmung des Alters, daß man in solchen Dingen, wo die Natur und ihre Reizungen viel verderben könnten, auch darauf viel zu sehen habe. Wie Viele sind nicht so bescheiden und billig mißtrauisch gegen sich selbst, meinen vielmehr, wenn sie von der Gnade ergriffen sind, solle man um der Natur willen kein Mißtrauen mehr in sie setzen. Auch hier setzt der Apostel etwas darein, daß sie eines Mannes Weib gewesen sei, also in rechtmäßiger Ehe gelebt, auch von ihren Jugendjahren her keinen Vorwurf habe, daß sie ihren Leib Mehreren gemein gemacht hätte; die auch durch keine leichtsinnige Ehescheidungen an mehrere Männer gekommen ist, sondern eben dadurch, daß sie in eines Mannes Gemeinschaft geblieben ist, auch einen Beweis gegeben hat. Wo die ganze Gemeinde, wo die Lehre Christi unter etwas Schaden oder Lästerung zu leiden haben könnte, da sollte man es ganz genau nehmen, und das Zeugnis sorgfältig prüfen; solches Zeugnis auch mehr aus einer jeden (Witwe) eigenen Werke, als den empfehlenden Worten und Schrift hernehmen. Die Werke , in die sich der Christensinn bei einer Hausmutter treiben konnte, werden auch wieder schicklich eingeteilt. Beim Kinderzeugen und Auferziehen wird auf den Erweis der Liebe gesehen, wozu auch noch in der Natur viel Trieb liegt, und woraus also auf ein mildes, durch den Weltsinn nicht gar zu viel verdorbenes Naturell zu schließen ist. Davon schreitet es beim Gastfreisein auf die Ausbreitung der Liebe auch über Fremde fort. Dann kommt es noch auf tieferes Eindringen in Christi Sinn, wo man sich an den Heiligen auch der geringsten Dienste nicht schämt, und die Heiligen auch für das, was sie sind erkennt, wenn sie GOtt wunderlich führt, und unter die Decke trübseliger Umstände hinuntersteckt. In guten Werken sollten freilich Männer vorangehen, doch Andere auch mit nachkommen, nicht zurückbleiben. Es kann kein gutes Werk von ausgebreitetem Nutzen ausgeführt werden, wo nicht auch Anderer Handreichung dazu kommt. Wenn sich aber auch jüngere Witwen zu solchem Werk im Dienst des HErrn anböten, und Andere ihnen mit Empfehlungen deshalb zu Statten kommen wollten; so entschlage dich . Es ist mehr auf die Lehre Christi in deren Zierde zu sehen, als auf alles Andere, das man uns anzusehen überreden will. Anfänglich versprechen sie viel, wie sie sich ganz an Christum ergeben, und in seinem Dienst verzehren wollen: aber wenn sie damit einen bequemen Unterhalt, ein sorgenfreieres Leben erlangt haben, so wenden sie das nicht für Christum, und zur Zierde seiner Lehre an, sondern wider Christum nehmen sie sich des Leibes und seiner Pflege so an, daß darunter die Lüste aufzuleben Gelegenheit gewinnen. Vorher wäre ihnen ehelich zu werden immer frei gestanden; aber nachdem sie einmal solchen Beruf eingegangen: so ist das Freienwollen ein Zurücknehmen ihres vorher bezeugten Glaubens . Man wird sie nicht gerade mit einem Gelübde angestrengt haben, wie jetzt bei Klostergelübden geschieht, doch haben sie, wie Jeder, der in ein Amt eintritt, einen Verspruch von sich gegeben, und haben dabei auch ihre erste zu Christo und seiner Nachfolge gewonnene Liebe verpfändet. Mit Haushaltungslast und Geschäft war eine solche Witwe bei solchem Beruf nimmer belegt, und wenn sie anfing und gewohnte, das, was ihr oblag, tändelhaft zu treiben, so wurde sie faul . Hausbesuch mit Salz und Kraft, waren ihr aufgegeben; aber ohne dieses artete es in Umlaufen aus. So blieb bei allem Weiteren auch ein Vorwand ihres habenden Auftrags, aber ohne Geist wurde aus dem, was Rat und Zuspruch sein sollte ein Geschwätz ; was auf sorgfältige Rettung und Abwendung der Gefahr und Versuchung eingerichtet sein sollte, ward in Vorwitz verwandelt; was amtlich und an seinem Ort behutsamlich geredet werden sollte, wurde untauglich preisgegeben (Reden, das nicht sein soll) . Nothalben und wohlmeinend tut der Apostel über jüngere Witwen den Ausspruch: ich will, daß sie freien usw. Man sieht aber genugsam, daß es ihm dabei mehr um ein für sie zu Brechung der Lust und ihrer Gewalt nötiges Joch, als um Büßung der Lust zu tun ist. Ursache zu schelten sucht man, darum gilt es abschneiden. Die Kirchengeschichte, und was darin zu unserer Warnung vorkommt, soll man nicht versäumen. Vermessen ist es, wenn Jemand sagt: ja soll ich denn eines Anderen Beispiel entgelten? Demütiger ist es,, denken: was Anderen widerfahren, könnte mir auch begegnen. Anfänglich geht es freilich durch die reizende eigene Lust, und mithin natürlich zu, wie man so redet; aber bald schlagen sich Bezauberungen dazu, daß es dem Satan nachgeht. - Wenn man in ihren Familien sich solcher verwitweten Personen gehörig annahm, so konnte man verhüten, daß sie ihr Auge nicht so schnell auf dergleichen öffentliche Versorgungen lenkten. Damit reichten den die Kräfte der Gemeinde eher hin, sich der ganz verlassenen Witwen desto mehr anzunehmen . O GOtt! was gut, und vor Dir angenehm ist, laß in allen Ständen aufkommen. Text: 1.Timotheus 5,17-25 Der Apostel tut noch einiges zur Ordnung und Wohlstand einer blühenden Gemeinde gehöriges hinzu, sonderlich die Vorsteher und Arbeiter betreffend, wie ihre Arbeit eines Lohns, aber noch mehr der Lohn und ganze Beruf auch der Arbeit und aller gewissenhaften Sorgfalt bei Bestellung und Verrichtung solcher Ämter wert sei. Paulus redet hier ein Wort zu Gunsten derer, die wohl vorstehen , wenn es schon von ungetreuen Arbeitern hernach auch zum Vorwand mißbraucht werden kann. Der Apostel redet meist von Verschaffung des nötigen Unterhalts. Doch, weil es hierbei nicht gezwungen, nicht bloß Schanden halber hergehen soll, sondern aus Überzeugung von dem Nutzen, den sie schaffen, so setzte der Apostel voran, daß man sie in Ehren halten solle. Um dem Wort und der Lehre nirgends keinen Anstoß zu machen, muß sich ein Lehrer mancher Vorteile begeben; desto billiger ist es, daß man ihm seine Notdurft besorgt. Die Schrift ist auch hierin unsere beste Fürsprecherin. Mit dem Worte GOttes stehen und fallen wir. Mit dem wollen wir uns auch leiden, und es nicht besser haben wollen, als es dem Worte GOttes selbst in der Welt ergeht. - Wie GOtt diesem immer wieder Raum und wert verschafft, so werden es auch die - an demselben haltenden Diener zu genießen haben. Der Ausspruch: ein Arbeiter ist seines Lohnes wert ; ist aus JEsu Mund gegangen: Der Apostel zieht ihn aber schon als geschrieben an. Paulus war sonst in diesem Stück für seine eigene Person so nachgiebig; aber eben deswegen kann er nun ein desto fruchtbareres Wort reden. Da hilft es weniger, wo das Eigengesuch so hervorsticht. Wer sich durch Verleugnung wohl an den Gewissen beweist, der kann ein Wort reden, das man nicht so schlechterdings abschütteln kann. Auch die wohl vorstehen, sind nicht vor aller übler Nachrede gesichert. Darum muß man überhaupt nicht auf Klagen verpicht sein, wie wenn es einen freute, daß man nur einmal eine Sache an Jemand hätte. Einem Herzen, das in der Liebe steht, und sich der Wahrheit freut, tut es vielmehr weh, wo ihm etwas Widriges zu Ohren kommt. Die zwei oder drei Zeugen müssen keine, wie in der Leidensgeschichte JEsu zusammengesuchte und aufgetriebene, falsche Zeugen sein. Zeugnisse wider Christum und die Seinigen sucht man geflissen auf, und von dem, was für sie wäre, tut man, als wüßte man nichts. Doch beugt auch hier wider der Apostel einem Abweg vor, wenn man gar zu schüchtern werden wollte, etwas zu bestrafen; und sagt: Was einmal unstrittig und vor Anderen zum Ärgernis kund worden ist, das erfordert um der Ehre GOttes und Anderer Rettung willen auch ein öffentliches Zeugnis; doch nach den - vom lieben Heiland bedächtlich gesetzten Stufen (Matth. 18, 15 ff.) . So lange man freilich noch eine Gemeine hatte, d. i. von Allen, die sich zur Gemeinde hielten hoffen konnte, daß es ihnen um ihre und Anderer Seelenrettung zu tun sei, so ging Manches leichter. Jetzt behandelt man Alles auf den Weltfuß, und was man auf die Kanzel bringt, das nimmt man nimmer als eine Überzeugung, sondern als eine Beschimpfung auf. Die Welt hält es für einen Sieg, daß sie öffentliche Stimmen der Religion einmal so weit eingeschränkt habe; aber es ist eigentlich ein Gericht über sie. Weil sie und ihre Väter sich die vorigen Zeugnisse der Wahrheit nicht besser zu nutz gemacht haben, so klebt nun den neueren Zeugen die Zunge oft so am Gaumen, daß sonderlich unser Strafamt den Geist der alten Zeugen nimmer erreicht. Es kann einen geschwind ankommen, diesem und jenem etwas zu lieb oder zu leid zu tun: aber man muß bedächtlich handeln, und bedenken, was dem Willen GOttes gemäß ist. Im Stande der Kirchenvorsteher hat es deshalb auch seine eigene Versuchungen, und man setzt einem oft von allen Seiten her gewaltig zu, daß man straucheln und fallen solle. Deswegen ist es von Alters her dem Stamm Levi in seinen Staat gesetzt worden, daß vom Ansehen der Person frei sein müsse, wer Andere GOttes Rechte lehren wolle (5.Mo. 33, 9) . Ja, wer ist hierzu tüchtig? Wem es um Wahrheit zu tun ist, der bekommt schon auch eine Bewahrung aus dem Unsichtbaren (Sach. 3, 7) . Paulus legt es dem Timotheus wie eine Eidformel auf das Gewissen, da GOttes und des HErrn JEsu Christi wachsames Richterauge, und des ganzen himmlischen Heeres Aufmerksamkeit über ihn erweckt wird, samt dem Licht des Tages, daran die Engel alle Ärgernisse aus dem Reiche Christi hinausschaffen werden. Hände = Auflegen geschah meist bei Erwählung und Einsetzung in ein öffentliches Amt. Durch Übereilung hierin und in anderen Sachen kann man sich mancher fremder Sünden teilhaftig machen . Es liegt unter dem heutigen Treiben auf mehr gesellschaftliches Leben viel Versuchung zu gemeinschaftlichen Sünden. Bei ansteckenden Seuchen ist es nicht vorträglich, wenn die Leute, ob sie schon einander alles Gute gönnen, häufigen Umgang miteinander haben. Und so muß in unseren Zeiten neben aller Verträglichkeit und Geduld doch auch ein billiges Mißtrauen und die nötige Wachsamkeit, nicht in Sündengemeinschaft zu geraten, aus GOttes Wort gepflanzt werden. Die Weisheit von oben ist aufs erste keusch (Jak. 3, 17) . Wer darin nicht an sich halten lernt, der gewinnt gewiß auch im anderen das gehörige Geschick nicht. Wachsamkeit über ein Glied, Zunge, Augen, Nieren zieht immer auch eine Macht über den ganzen Leib nach sich. Versäumnis in Einem spielt einem auch das Regiment über das Andere aus der Hand. Die kränklichen Leibesumstände können auch in unsere Amtsführung, den nötigen Mut, einen vorträglichen oder hinderlichen Einfluß haben. Darum darf man sich nicht wundern, daß Paulus gegen den Timotheus, auch die Sorge für seine Gesundheit berührt. Auch kann der Apostel im Angedenken gehabt haben, wie er keinen habe, der so gar seines Sinnes sei wie Timotheus, und wie selten bewährte Arbeiter zu bekommen seien, und also ihm auch aus diesem Grund solche Erinnerung gegeben haben, damit er seiner nicht vor der Zeit beraubt werde. Für Timothei bekanntlich schüchternes Gemüt tut der Apostel noch ein Gedulds = und Trostwort hinzu. Nämlich wenn es einen in das Gedränge bringt, daß man auf der einen Seite nicht durch leichtgläubiges und gefälliges Wesen sich fremder Sünden teilhaftig mache; auf der anderen Seite aber auch nicht zu mißtrauisch und rückhaltig werde, und sich denen entziehe, an denen man doch noch ein Gehilfe der Wahrheit werden könnte; so sagt der Apostel: Man kann einem freilich nicht Alles zum Voraus bestimmen, weil sich das gar unterschiedlich verhält. Einige zeigen sich in ihrem unlauteren Grund bald, daß, sie zu richten, zu meiden, sich vor Gemeinschaft mit ihren Sünden zu bewahren, nicht schwer ist. Andere aber können ihre Unart länger verbergen, ihr böses Tun schmücken, daß man sie zu meiden, oder mit einem Gesuch zurückzuweisen, nicht so bald vollen Grund hat. Doch wenn man nur nicht schnell ist, so kann man schon noch etwas auswarten. Und so leuchtet auch Mancher Licht, daß man mit Lobe GOttes ihre guten Werke sehen kann, und sich sonst mit vertrauen zu ihnen zuneigen keinen Anstand nehmen darf. Anderen ist es zwar auch um Wahrheit zu tun, es haftet aber doch von ihren vorigen Gewohnheiten her etwas Unansehnliches an ihnen; oder es liegt ein gewisses Vorurteil auf ihnen, oder sie sehen nicht genug auf den Fleiß, sich Anderen zur Besserung gefällig zu machen. Da müssen besondere Schickungen kommen, bis ihr in GOtt getanes Werk offenbar wird. Bei so viel Licht wird man sich immer zu folgenden wohlbedächtlichen Schritten gestärkt finden: Gegen der Welt und ihren Unflat wird man nicht gleichgültig; durch die Weltförmigkeit sich in denselben einflechten zu lassen, nicht nachgiebig, zur Gegenwehr gegen ihr Sündengemeinschaft nicht verzagt. Aber auch sich mit falschen Leuten und ihrem Geist eine Weile leiden nicht verdrossen, bis sie sich selbst verraten. Doch tut man nicht, als ob gar Niemand mehr zutrauen wäre, sondern lernt doch immer das, was auf JEsu Christo hergrünt und Wurzel hat, von dem unterscheiden, was so schnell wieder einschlägt; ist endlich auch nicht verdrossen, schüchterne Herzen aufzusuchen, und das, was von Christi Sinn an ihnen ist, aus dem Schutt aufzuheben, und zum gemeinen Nutzen zu bringen. Damit entreißt man sich den Versuchungen dieser Zeit und dem jetzigen Weltsinn, der vor allem noch so offenbaren Werken des Fleisches das Auge zu tut, und nicht meint, daß man es mehr als einen Unflat zu meiden habe, sondern sich von den - darüber her gebreiteten Fetzen eines guten Charakters müsse blenden lassen. Wobei man alles Geschick verliert, die zu prüfen, die nicht dem HErrn Christo, sondern ihrem Bauch dienen, vielmehr wird man von deren ihren prächtigen Worten eingenommen; woraus auch der Schade entsteht, daß, je leichtgläubiger man gegen der Welt und ihren Kindern ist, desto weniger können sich Kinder des Lichts mit Offenbarung der Wahrheit an unser Gewissen wohl beweisen; und wie Alles in der heutigen Zeit auf den Schein, auf Gaben, auf brillante Talente abgerichtet ist: so will man auch im Hause GOttes solche glänzende Gefäße haben, und gerät in die Gefahr sich mit manchem scheinbaren Bösen zu vermengen, und hingegen manches unscheinbare Gute wegzuschätzen. Ach daß sich müßten zu mir halten, die Dich fürchten.
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